34 Teilnehmer, überwiegend aus Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg und zwei Pomologinnen mit der weitesten Anreise aus Aachen, machten sich am Sonntag 5 Uhr in Weimar mit dem Busunternehmen Leipold aus Schleusingen auf den Weg nach Slowenien, dabei vier Mitglieder des Pomologen-Vereins e.V., das Streuobstnetzwerk Ostthüringen mit acht Personen, Landschaftsarchitekten und weitere Obstfreunde.
Katja Klancar-Schneider, in Weimar lebende slowenische Reiseleiterin, hatte die von Winfried Berghof-Osburg mit initiierte Reise bestens organisiert.
Nach 900 km Fahrt kamen wir gegen 18 Uhr in Portoroz an der slowenischen Mittelmeerküste an.
Die lange Fahrt wurde genutzt zur Vorstellung der Teilnehmenden, landeskundlichen Erörterungen und ersten obstbaulichen Diskussionen.
Montag startete dann die Gruppe zum ökologischen Bauernhof Gramona Farm in Seca und erlebten den Schnitt des Olivenhains mit pneumatischen Scheren und Sägen auf Hohlkrone, zur intensiven Besonnung der am Jahrestrieb schon sichtbaren Blütenansätze. Die Inhaberin setzt zur Parasitenbekämpfung und Düngung auf eine aus Grünschnitt hergestellte Jauche, die nach Begutachtung unter dem Mikroskop auf mikrobielle Aktivität gespritzt wird, Düsengröße nicht kleiner als 4 mm, damit die selbst erzeugten Mikroorganismen nicht zerstört werden. Der Baumschnitt wird direkt zwischen den Baumreihen gemulcht, danach bleibt der Gras- und Kräuterbewuchs bewusst naturbelassen. Beste Qualität wird nur von unbeschädigten und sauberen Früchten erreicht. Neben Feigenanbau von Khakis, deren gerade erfolgter Schnitt zu sehen war, kam es zu Verkostungen der autochthonen Olivenöle, der für Istriens Weinanbau typischen leckeren Weißweinsorte Malvasi, von Olivenaufstrichen und Kennenlernen von kosmetischen Olivenprodukten. Anschließend wanderten wir eine Stunde über Forma Viva zu einem beeindruckenden vielfältigen Kakteengarten. Von dort waren die historischen Salzgärten zu sehen. Das aus dem Meer gewonnene sogenannte Blütensalz, Solni Vet, hat eine hervorragende Qualität. Dann ging es mit dem Bus nach Piran, der schönsten Stadt an der slowenischen Riviera.
Am Dienstag traten wir den Ausflug in das für Obst- und Weinanbau bekannte Vipavatal an, mit mildem Klima, da es offen zur Adria gelegen ist. Wir besuchten in Bilje das slowenische Forschungszentrum für Steinobst mit Sortengärten für alte Äpfel- und Birnensorten und einer Baumschule. Bilje ist eines der acht regionalen slowenischen Landwirtschaftsinstitute. Das Zentrum ist spezialisiert auf die Selektion und Einführung neuer Steinobstsorten, auf die Entwicklung von Bewässerungssystemen und Schutznetzen. Weiterhin ist es zuständig für die Beratung und Weiterbildung der Landwirte im Obstbau. An Sorten gibt es hier, davon häufig einheimische, 132 Pfirsicharten, 36 Pflaumensorten, 31 Aprikosensorten. 35 Sorten von Sauerkirsche und Süßkirschen, zwölf Birnenarten und zwölf Khakisorten. Gearbeitet wird an Sortenunterlagen für Kirschen, Pflaumen, Aprikosen und Khaki , es geht vor allem um virusfreie Sämlingsunterlagen, Gisela 6,13, 17 aus Italien und russische Unterlagen werden auch verwendet. Mit Düngung und Baumschnitt wird experimentiert. Aprikosenunterlagen auf Stanley waren auf 50 cm Höhe angesetzt, damit der Bodenfrost im Januar nicht die Aprikosenrinde aufreißt. Die Aprikosen hatten schon Fruchtansätze von 2 bis 3 cm Größe, auch die Süßkirschen waren 1-2 cm groß, alles drei Wochen früher als normal. Auch hier ist die Sorge vor Spätfrösten vorhanden. Der Verkauf in der Baumschule wurde eifrig genutzt, die Bäume und Sträucher überstanden gut die Fahrt auf den hinteren Busplätzen.
Nach einem köstlichen Mittagessen auf dem Bauernhof Kmetija Malovscevo in Sempas wurden leckere autochthone Weißweine wie Klarnica, Pinela, Zelen und luftgetrocknete Wurst verköstigt.
Anschließend gab es eine Führung auf dem Hof Jelina im Obstanbaugebiet Goriska Brad an der Grenze zu Italien. Es werden 800 Süßkirschenbäume bewirtschaftet, wir bekamen spannende Informationen zu Sorten, Schnitt, Ernte und Vermarktung. Wegen mangelnder Rentabilität baut der Erzeuger die Süßkirschen zurück, setzt mehr auf Äpfel und Wein sowie Erdbeeren. In einem Großzelt hingen die tröpfchenbewässerten Erdbeeren bei einem Boden-pH-Wert von 6 auf etwa anderthalb Metern Höhe in Substratkissen.
Durch enge Straßen mühte sich am späten Nachmittag der Bus mit Bravour zum Aussichtsturm in Gonjace. Nachdem wir die Aussicht über Goriska brda, die Ebene von Friaul bis zur Adria genossen hatten, kehrten wir in den wunderschönen Weingarten von Marjo ein. Zur Weinprobe gab es die lokalen Weine Rebula, Sauviognaisse und Cabernet Sauvignon, sowie dazu den berühmten luftgetrockneten Karstschinken und feine Wurst- und Käsesorten. Da es so schön mit warmer Frühlingsluft und grüner Natur war, kamen wir erst spätabends ins Hotel.
Mittwoch ging es nach dem Frühstück in das im Landesinneren gelegene historische Obstanbaugebiet zum Obstbauer Pecar in Kocina, der die Cidremarke Malner Cider 2019 aufgebaut hat, die bis Holland vertrieben wird. Wir besichtigten die Plantagen mit tanninhaltigen englischen Apfelsorten und teilweisen Anbau von bulgarischen Quitten. Es gab eine Betriebsführung und Verkostung verschiedener leckerer Produkte.
Während der Busfahrt besprachen wir die Thüringer Obstsortenempfehlungen, die Werner Schuricht für das Streuobstnetzwerk Osthüringen erstellt hat, und abrufbar auf der Webseite sind.
Auch ging es um die Bedeutung der Wildbienen, insbesondere um die rostbraune Mauerbiene.
Mittags waren wir auf dem Bauernhof File, spezialisiert auf Slivovitz und Wacholderschnaps und verkosteten die international ausgezeichneten Produkte. Der Karstwacholderschnaps ist ein Destillat von fermentierten Beeren, also kein Gin, und hilfreich bei Magenbeschwerden. Die Beeren wurden probiert, sie sind süß, enthalten bis zu 70 % Zucker. Der Wildbusch trägt Früchte alle 3 Jahre. Das Wacholderöl sei wirksam bei Gicht; es sollte aber nicht eingerieben werden, sondern lediglich auf das schmerzende Gelenk getropft werden.
Nachmittags besuchten wir einen traditionellen Selbstversorger – Biobauernhof mit Milchvieh, Schweinen, Getreideanbau, Apfel- und Birnenbäumen und Bienen. Ein angeschlossenes Museum, Sadjarski muzej Tepka, ist benannt nach der alten einheimischen Weinbirne Tepka, an einer ehemaligen Birnenallee steht noch ein prächtiges, 120 Jahre altes Exemplar. Vom Wachsapfel, einem Winterapfel, konnten wir Edelreiser mitnehmen.
Donnerstag fuhren wir vom Sporthotel Ototec in das Kartäuserkloster Pleterje in Sentjernej.
17 Mönche und acht Angestellte sind im Kloster tätig.
Seit 1993 gibt es eine Genbank, 130 historische Apfelsorten und 60 Birnen stehen im Sortengarten, fünf Bäume pro Sorte. Mit der Universität Marburg besteht eine Kooperation, unbekannte alte Sorten werden erhalten, dazu Studien von Eigenschaften wie Knackigkeit, Farbe, Aroma, Schädlingsbefall und weitere Kriterien.
Das Kloster hat 20 Hektar Wirtschaftsfläche, davon sechs Hektar Wein und Äpfel, Zwetschgen. Jeweils ein Hektar entfallen auf die Genbank, Esskastanien und Birnen. 2 Hektar Streuobstwiese und 800 m Spalierbirnen sind an der Klostermauer vorhanden, außerdem gibt es noch Sauerkirsche, Aprikose und Pfirsich, 42 Bienenvölker werden gehalten.
Der Intensivanbau von Äpfeln läuft auf M9, Spindeln, Frostschutzberegnung, und ergibt einen Ertrag von 20 Tonnen pro Hektar.
Nach einem Film über die Bewirtschaftung der Anlagen und die historischen Sorten, kam es zur Verkostung der Weine, einschließlich verschiedener Messweine und dem Erwerb der Produkte, bis hin zu den in den Flaschen gezogenen Birnendestillat. Die vom Kloster bewirtschafteten Flächen sind öffentlich nicht zugänglich. Benachbart ist ein Bauernmuseum, wo auch eine Obstdarre zu besichtigen war.
Anschließend besuchten wir in der Region Bela Krajina den Ort Semic mit dem Lehrgarten von Dr. Derganc, geführt von Herrn Gacnik vom Obstbaumverein. Bewirtet wurden wir mit Wein und Slivovitz. Der Lehrgarten mit Bienenhaus wird von verschiedenen Vereinen betreut, der Kräuterteil vom Pilzverein. Alle Bäume tragen Sortenschilder: Mostbirne Vinska Mostnica, Walnuss Oreh, Pflaume Domaca Silvia in Morettini, Birne Tepka, Apfel Kutina und viele weitere.
Das Ortsmuseum wurde besucht, mit Darstellung und Erörterung der Karstlandschaft.
Ein lokaler Sekthersteller präsentierte uns seinen Sekt mit Verköstigung, begleitet von einem leckeren Festtagskuchen, Belokranjska pogaca. Anschließend erfuhren wir bei einer Kirchenführung, dass es keine Kirchensteuer in Slowenien gibt.
Abends im Hotel stellten Susanna Mohr und Alexander Pilling, die von ihnen betriebene Kellerei Röttelmisch in Thüringen vor, mit Probe der exzellenten, ökologisch produzierten Weine von Quitte, Apfel und Pflaume. Der sortenreine Apfelwein kam von der Goldrenette von Blenheim. Weiterhin verkosteten wir feine Fruchtsäfte von Pflaume und Kirsche (Schneiders späte Knorpel).
Freitag ging es vom Hotel Primus in Ptuj, der ältesten Stadt Sloweniens, zum Landschaftspark Kozjansko zum Ecobauernhof Omerzu.
Dort wird Walnussanbau betrieben, mit 150 Bäumen, darunter sechs französische Sorten, welche nach Bodenanalysen gepflanzt wurden. Der Ertrag wird u.a. für Nussliköre verwendet. Wir erörterten den Baumschnitt im Februar, wo es zu keinem Bluten der Bäume kommt. Die Bäume werden zur Hohlkrone erzogen, mit bis zu 6 m Höhe, und sind spät blühende Sorten in Südhanglage. Probleme treten mit der Wallnussfliege und mit Hagel auf. Bis zu sieben Mal wird gelesen und zum Schluss maschinell geschüttelt. In guten Jahren bringt das 20 kg geschälte Nüsse pro Baum. Neben den Nüssen werden noch 370 Apfelbäumen, 17 Bienenvölker und Beete in Hanglage mit 2 Lavendelsorten bewirtschaftet.
Wir durften an einer Verköstigung der Produkte mit anschließendem Kauf teilnehmen und noch herrlich frischen Strudel essen.
Nachfolgend fuhren wir in den Landschaftspark mit Besuch von Ort und Burg und Museum Podsreda. Dort besichtigten wir die Baumschule, welche nur mit eigenen Sämlingsunterlagen arbeitet und bewusst auf Bewässerung verzichtet. Trotzdem erzielt sie 90 % Erfolg und nimmt Okulationsveredlungen vor. Im Herbst gibt es ein großes Apfelfest in Podsreda mit vielen lokalen Produkten und der Krönung eines Apfelkönigs.
Am Samstag besuchten wir den Landschaftpark Haloze-Cerinovo. Am Umstieg vom Reisebus in kleinere Fahrzeuge gab es ein schmuckes Bauernmuseum zu sehen und auch die Möglichkeit, ein Gartengeschäft mit dem Angebot vielfältiger Sämereien aufzusuchen.
Dann ging es in das „Life to Grasslands“-Projekt, ein 20 Hektar großer Naturpark mit instandgesetzen und entbuschten Flächen. Sie pflanzten Hochstämme und beweiden die Fläche bei gleichzeitigem Erhalt des Trockenrasens, einschließlich Orchideen.
120 benachbarte Bauernhöfe waren in die Maßnahme mit eingebunden. 2500 alte Bäume wurden gepflegt mit Unterstützung der Kartause Pletarje.
Im Zuge dessen wurden 220 Sorten bestimmt. Die Maßnahme begleitete wissenschaftlich die Universität Maribor. In Maribor wurde übrigens nachweislich die älteste Baumschule Sloweniens 1880 von Herrmann Göthe gegründet. Die Hochschule bietet die Studienrichtung Obstbau an. In Maribor wächst die älteste Weinrebe der Welt mit einem stattlichen Alter von 400 Jahren.
Im Landschaftspark verköstigten wir Honiglikör, -wein und verschiedene Honigsorten sowie eine leckere Art Speckkuchen.
Am Samstag besichtigten wir Jeruzalem, schauten die Kirche an, wanderten durch die Weinberge zum Bauernhof Ratek zur Weinverkostung mit köstlicher steirischen Jause. Der Hof hat eigene Tiere, schlachtet selber und baut die autochthone Sorte Simon an. Er hat gute Erfahrungen mit der PIWI-Sorte Muskaris und produziert Weißweine in hoher Qualität.
Nachmittags erkundeten wir die alte Römerstadt Ptuj und nahmen langsam Abschied vom gastfreundlichen Slowenien.
Sonntag startete 8:30 Uhr die Rückfahrt über Graz und Passau. 19:30 Uhr waren wir wieder gesund und munter zurück in Weimar, verabschiedeten den Busfahrer und Katja mit Gesang.
Die Rückfahrt wurde wieder für den fachlichen Austausch genutzt, unter anderem über das Trocknen, Darren verschiedener Obstarten. Quittenbrot, Wangenheims Frühzwetschge, Gellerts Butterbirne, Gute Luise und Gravensteiner gab es als Reiseverpflegung zu kosten, denn eine Trocknungstemperatur unter 42 Grad sichert gute Qualität.
Insgesamt gab es ein sehr positives Feedback über die Reise und großen Dank an die Reiseleitung und den qualifizierten Busfahrer, der sein ganzes Können in den engen, kurvenreichen Straßen der abgelegenen Regionen unter Beweis stellte.
In zwei Jahren soll es wieder eine pomologische Fachexkursion nach Slowenien geben, vom 04.10. bis 11.10.2026.
Dr. Winfried Berghof-Osburg, Weimar, den 22.04.2024